Menschenzentrierte Digitalisierung? Menschenzentrierte Digitalisierung!

Menschenzentrierte Digitalisierung? Menschenzentrierte Digitalisierung!

Künstliche Intelligenz ist so sehr Teil unseres Alltags geworden wie noch nie. Sie verändert Arbeitplätze, wirtschaftliche Gefüge, sozialen Beziehungen und Wahlen. Als „Backlash“ wird so laut wie nie zuvor nach „Menschenzentrierung“ gerufen. Ein rufen im Walde? Ich denke nicht, denn wir alle schreiben die Regeln für eine digitale Gesellschaft und müssen unsere Vorstellungen und Wege miteinander abgleichen.

Einen Beitrag dazu leistet das jüngst beim Nomos-Verlag erschienene Buch Menschenzentrierte Digitalisierung – Corporate Digital Responsibility“, herausgegeben von Prof. Dr. Dr. Alexander Brink, und nimmt dabei die Selbstregulierung der Wirtschaft in das Blickfeld: Wie kann Wirtschaft die Digitalisierung so gestalten, dass sie die Menschen ins Zentrum rückt und nicht in den Hintergrund drängt? Was mir besonders gefällt: Die Beiträge im Buch verdeutlichen, dass es bei einer menschenzentrierten Digitalisierung nicht um „gut gemeint“ geht, sondern um „gut gemacht“. Die Umsetzung verlangt kontinuierliche Anstrengungen, interdisziplinäre Zusammenarbeit und ein tiefes Verständnis für die Bedürfnisse der Menschen, die von digitalen Produkten und Services betroffen sind.

Menschenzentrierte Digitalisierung – eine Herausforderung und eine Chance

Wer sich mit dem Konzept der Corporate Digital Responsibility (CDR) beschäftigt, weiß, dass sich dieses Managementgebiet seit vielen Jahren an Fahrt gewinnt. Es geht darum, Verantwortung für die Auswirkungen digitaler Technologien zu übernehmen – auf Gesellschaft, Umwelt und insbesondere auf die Menschen. Das Buch leistet hier einen wichtigen Beitrag, indem es CDR aus der Theorie in die Praxis führt. Es zeigt auf, wie Führungskräfte dieses Konzept in ihren Unternehmen verankern können, um eine nachhaltige und menschenfreundliche Digitalisierung zu fördern.

Mein Beitrag: Digitales Wohlbefinden und manipulative Designstrategien

In meinem Kapitel widme ich mich einem Aspekt, der mir persönlich sehr am Herzen liegt: dem Digitalen Wohlbefinden. Es ist kein Geheimnis, dass die digitale Welt nicht immer zu unserem Besten gestaltet ist. Manipulative Designstrategien – sei es durch unendliches Scrollen, gezielte Benachrichtigungen oder algorithmische Verstärkungen – fördern Abhängigkeiten, lenken unsere Aufmerksamkeit und schaden langfristig unserem Wohlbefinden. Diese Strategien stehen in direktem Konflikt mit der Idee, digitale Technologien als Werkzeuge zu gestalten, die uns stärken und unterstützen. Die Idee des „human-centic design“ wurde durch die Optimierung für Aufmerksamkeit und Profit korrumpiert.

In meinem Beitrag beleuchte ich, wie Unternehmen ihrer Verantwortung gerecht werden können, indem sie auf solche manipulativen Designs verzichten und stattdessen Lösungen entwickeln, die das Wohlbefinden der Nutzer fördern. Dies ist nicht nur eine Frage der Ethik, sondern auch der nachhaltigen Wettbewerbsfähigkeit: Eine verantwortungsvolle digitale Gestaltung stärkt das Vertrauen und die Loyalität der Nutzer.

Wesentliche Thesen zu digitalem Wohlbefinden

Digitales Wohlbefinden beschreibt die positiven und negativen Auswirkungen digitaler Technologien auf den psychologischen, physischen und sozialen Zustand von Menschen. Besonders relevant sind dabei folgende Aspekte:

  • Manipulative Designmuster: Digitale Plattformen setzen häufig auf Designmuster wie endloses Scrollen, automatische Wiedergabe und soziale Bestätigung (z. B. Likes), um die Nutzungsdauer zu erhöhen. Solche Strategien sind effektiv, können aber negative Folgen haben, darunter Suchtverhalten, Stress und kognitive Überlastung.
  • Dark Patterns: Diese manipulativen Designs, wie etwa versteckte Kosten oder schwierige Abmeldungen, beeinflussen Nutzerentscheidungen oft auf problematische Weise. Sie können das Vertrauen der Kunden in eine Marke erheblich beeinträchtigen und langfristige Kundenbeziehungen gefährden.
  • Corporate Digital Responsibility: Unternehmen, die das digitale Wohlbefinden ihrer Nutzer fördern, können sich nicht nur positiv von Wettbewerbern abheben, sondern auch das Vertrauen und die Loyalität ihrer Kunden stärken.

Handlungsimpulse für Entscheider im Marketing

Die Erkenntnisse meines Beitrags bieten spezifische Anknüpfungspunkte für Entscheider im Marketing, um Verantwortung im digitalen Raum zu übernehmen:

  • Ethische Designstandards etablieren: Marketingabteilungen können aktiv dazu beitragen, manipulative Designs zu vermeiden. Ein klarer Verzicht auf Dark Patterns wie Confirmshaming oder versteckte Gebühren stärkt die Transparenz und das Vertrauen der Kunden.
  • Transparenz fördern: Klare Informationen zu personalisierten Inhalten, Algorithmen und Datenschutzrichtlinien sind essenziell. Beispielsweise könnten Funktionen wie automatische Wiedergabe standardmäßig deaktiviert sein, sodass Nutzer selbst entscheiden, ob sie diese aktivieren möchten.
  • Positive Nutzungserfahrungen schaffen: Tools zur Begrenzung der Bildschirmzeit, Erinnerungen an Pausen oder transparente Darstellung von Nutzungsmustern fördern nicht nur das Wohlbefinden der Nutzer, sondern unterstreichen auch das Engagement der Marke für verantwortungsvolles Handeln.
  • Nutzerautonomie stärken: Unternehmen sollten Optionen bieten, wie Nutzer ihre Inhalte kuratieren oder Datennutzung anpassen können. Dies stärkt die Eigenverantwortung der Kunden und schafft eine individuellere und fairere Nutzungserfahrung.
  • „Designed for Wellbeing“ als innovatives Markenversprechen: Eine Positionierung, die das digitale Wohlbefinden der Nutzer in den Mittelpunkt stellt, kann insbesondere jüngere Zielgruppen ansprechen, die verstärkt Wert auf soziale Verantwortung und Nachhaltigkeit legen.
  • Verantwortung übernehmen: Marketingentscheider können durch gezielte Assessments zu ethischem Design und digitaler Verantwortung sicherstellen, dass ihre Strategien langfristig keine negativen Auswirkungen auf die Gesundheit und das Wohlbefinden der Kunden haben.

Menschenzentrierung im digitalen Marketing neu denken

Die Menschenzentrierung im digitalen Marketing und Design muss neu gedacht werden, um einen positiven Beitrag für die Gesellschaft zu leisten. Manipulative Designstrategien können kurzfristig Erfolge im Nutzerengagement bringen, doch die langfristigen Konsequenzen für die Nutzer und die Marke sollten nicht unterschätzt werden. Unternehmen, die sich für Corporate Digital Responsibility einsetzen, haben die Möglichkeit, Innovation und ethische Verantwortung zu verbinden.

„Eine kollektive Anstrengung ist nötig, um sicherzustellen, dass digitale Technologien und Plattformen das Wohlbefinden der Prosument*innen unterstützen.“

Mein Beitrag im Buch „Menschenzentrierte Digitalisierung“ ist ein Plädoyer dafür, digitales Wohlbefinden als Chance zu begreifen. Die Verantwortung für menschenzentriertes digitales Design liegt dabei nicht allein bei den Designern, sondern ebenso bei Marketingentscheidern und Plattformbetreibern. Diese Weiterentwicklung im Design bedeutet auch manche lieb gewonnene Nutzungsgewohnheit zu verändern. Eine Transformation, die sicherlich Zeit, starke Akteure und kreative digitale Gestalter:innen braucht.

Umsetzung gefällig?

Wenn Sie als Chief Marketing Officer oder Leiter:in im Marketing ihre Rolle darin sehen, digitale Produkte und Plattformen verantwortungsvoll zu gestalten, aber Ihnen noch eine klare Roadmap fehlt, kommen Sie gerne auf mich zu. Ich stehe Ihnen gerne als Beraterin bei der Umsetzung solcher Ansätze zur Seite. Mit meiner Expertise im Bereich digitales Wohlbefinden und Corporate Digital Responsibility helfe ich Ihnen, ethische und wirtschaftlich nachhaltige Lösungen zu finden, die langfristig Ihre Marke stärken. Kontaktieren Sie mich gerne!

Quellen

Brink, Alexander (Hrsg.) (2024) Corporate Digital Responsibility. Menschenzentrierte Digitalisierung. Nomos: Baden-Baden. https://www.nomos-elibrary.de/10.5771/9783748949886/corporate-digital-responsibility

Dörr, Saskia (2024) Digitales Wohlbefinden. Die Herausforderung manipulativer Designstrategien und die Rolle der Corporate Digital Responsibility. In: Brink, A. „Corporate Digital Responsibility. Menschenzentrierte Digitalisierung“. Nomos: Baden-Baden. https://www.nomos-elibrary.de/10.5771/9783748949886-181/digitales-wohlbefinden-die-herausforderung-manipulativer-designstrategien-und-die-rolle-der-corporate-digital-responsibility?page=1

Vhs-DozentInnen als Wegbegleiter des digitalen Wandels?

Vhs-DozentInnen als Wegbegleiter des digitalen Wandels?

Wir reden und lesen ja inzwischen viel über „Digitale Bildung“ und auch „Digitale Kompetenzen“ – aber was das eigentlich für die Lehrerinnen und Lehrer in der Schule oder auch für Dozentinnen und Dozenten in der Erwachsenenbildung bedeutet, darüber ist bisher wenig in Erfahrung gebracht. Von systematischer Umsetzung in der Praxis ganz zu schweigen. Und so bleibt es aktuell den informellen Lernfähigkeiten und den zeitlichen Möglichkeiten des/der Einzelne/n überlassen, sich fit zu machen für das „Lehren im Digitalzeitalter“.

Aber hoffentlich nicht mehr lange!

Nachdem ich im letzten Semester die Werkstattgespräche „Leben 4.0 – Leben in der digitalen Gesellschaft“ in der vhs Bonn durchgeführt habe, bekam ich von Frau Dr. Ingrid Schöll, der Direktorin der hiesigen vhs, die Möglichkeit, einen Vortrag im Rahmen des turnusmäßigen Dozententreffens  zu diesem Thema zu halten.

Ich lege dabei folgende Schwerpunkte, um die Herausforderungen des Digitalen Wandels in diesem Umfeld zu skizzieren:

  • Die Nutzung von digitalen Tools ist bereits mitten in unserer Gesellschaft angekommen. Individuelles Lernen ist unabhängig von Zeit und Raum möglich.
  • In der Digitalgesellschaft von morgen Durchdringen sich digitale und physische Welt. Wir sind Teil des Netzes.
  • Durch die Digitaltechnologien, die jetzt am Start sind, ergeben sich neue Fragen zu gutem Leben in der Digitalgesellschaft.

Der digitale Wandel bedeutet die Notwendigkeit neue Fähigkeiten für den Einzelnen und in der Gesellschaft aufzubauen. In diesem Umfeld sind wir alle Lernende. Es gibt keine Blaupause zur Beantwortung der Fragen. Wichtig ist mir hierbei, dass sich diese neuen Fähigkeiten nicht nur auf den Umgang mit digitalen Tools oder der IT beschränkt bleiben. Vielmehr bewegen sie sich im Spannungsfeld zwischen „Gutem Umgang mit digitalen Tools“ und „Gut leben und arbeiten in der digitalen Welt“. Daraus ergeben sich drei Kompetenzbereiche, die es auszugestalten gilt (vgl. Seufert 2017):

  • Digitale „Alphabetisierung“: Verständnis und Umgang mit Medien & Technologie,
  • „Digitale Staatsbürgerschaft“: Sozio-ökonomische Bedeutung von Technologie und
  • „Persönlichkeitsentwicklung in der Digitalgesellschaft“: Kritisches Denken, Kreativität & Empathie – komplementäre Kompetenzen zu den Fähigkeiten der Maschinen!

Ich gebe Beispiele, was darunter zu verstehen ist. Es wird eine Sache der nächsten Jahre sein, hier zu verstehen, welche Anliegen die Privatpersonen, Eltern, BürgerInnen, ArbeitnehmerInnen dabei genau haben.

Aus diesen Kompetenzen leite ich acht Ideen ab, welche Aufgaben und Rollen vhs-DozentInnen als Wegbegleiter im digitalen Wandel für Teilnehmerinnen und Teilnehmer an der vhs einnehmen können. Natürlich kann das nur ein Anfang sein….

Wer mehr wissen möchte, muss morgen zum Vortrag kommen ;-) Ich freue mich darauf!

 

Weiterführendes:

Facebook-Gruppe „Leben 4.0 – Leben in der digitalen Gesellschaft“ https://m.facebook.com/groups/1726030261026677

We are social (2018): Global digital report 2018.https://digitalreport.wearesocial.com/ (Zugriff am 2.2.2018)

Hart, J. (2017): A Modern Professional Learner’s Toolkit for 2018. http://modernworkplacelearning.com/magazine/modern-professional-learners-toolkit-for-2018 (Zugriff am 2.2.2018)

Game Changer (2017): 10 Emerging Technologies That Will Drive The Next Economy. http://www.game-changer.net/2016/08/29/10-emerging-technologies-that-will-drive-the-next-economy/ (Zugriff am 2.2.2018)

Seufert, S. (2017): Digital competences. Swiss Science and Innovation Council SSIC. https://www.scil-blog.ch/wp-content/uploads/2017/12/Exploratory_study_3_2017_Excerpt_Digital_Competences_SSIC_EN.pdf (Zugriff am 2.2.2018)

 

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